Wie Du Deine persönlichen Werte findest und warum das sinnvoll ist

 

Das Thema “Werte” klingt bei den Menschen, mit denen ich arbeite, öfter an. Auch in Diskussionen wird dieses Wort gerne genutzt. Dabei bleibt oft unklar, was genau damit gemeint ist. Warum sind Werte wichtig? Sind diese für alle gleich? Wer legt sie fest? Und wenn ich meine Werte herausgefunden habe, was “mache” ich dann damit? In diesem Beitrag findest Du ein paar grundlegende Fragen dazu – und mögliche Antworten darauf.

 

Was sind Werte eigentlich?

Beim Wort “Werte” kommen vielen Menschen zuerst Geld, Immobilien und andere Sachgüter in den Sinn. Andere denken an den Laborbericht beim Hausarzt. Wenn es darum geht, die eigenen Werte zu definieren, ist damit aber weder ein Kontoauszug noch irgendein Schätzwert gemeint. Auch geht es nicht um die Laborwerte, die Dein Arzt in Deine Patientenakte einträgt. Hier schreibe ich von Deinen Grundüberzeugungen, Deiner Vorstellung davon, wie die Welt sein sollte. Dieses innere Bild gibt Dir Orientierung im Leben und bestimmt Dein Handeln. Je klarer Deine Werte sind, desto besser kannst Du einschätzen, ob etwas (z.B. ein Produkt, eine Handlung anderer Menschen oder Dein eigenes Tun) damit übereinstimmt.

 

Wozu sind Werte gut, was ist ihr Sinn?

Deine Werte zu definieren, hilft Dir, ein zufriedeneres und entspannteres Leben zu führen. Zum einen sind sie wie eine Richtschnur in Deinem Leben, die Dir hilft, schneller und einfacher Entscheidungen zu treffen, mit denen Du gut leben kannst. Bei vielen Menschen lösen getroffene Entscheidungen oft nur ein diffuses Gefühl aus. Wenn Du Dir aber Deiner Werte bewusst bist, kannst Du viel eher bemerken, ob Deine Entscheidung im Einklang mit Deinen Werten steht oder ob Du diese gerade missachtest. Nichts und niemand ist es wert, dass Du Deine eigenen Werte verrätst und Dich somit nicht authentisch verhältst.

Zum anderen helfen Deine Werte Dir, Deinem Leben einen Sinn zu geben. Sie sind Dir wichtig, und Du kannst danach handeln, Dich dafür einsetzen, notfalls dafür kämpfen. Dieses Tun erlebst Du als sinnvoll. Daraus entwickeln sich Selbstbewusstsein und Selbstsicherheit und das wertvolle Gefühl, etwas Sinnstiftendes beizutragen.

 

Wie finde ich meine Werte?

Ein möglicher Weg ist dieser: Drucke Dir die Werteliste aus und markiere erst einmal alle Werte, die Dir wichtig sind. Selbstverständlich ist diese Liste nicht vollständig, sondern lediglich eine Anregung. Du findest im Internet noch viele weitere Listen, von denen Du dich inspirieren lassen kannst. Wenn für Dich ein Wert wichtig ist, den Du auf der Liste vermisst, ergänzt Du ihn einfach. Und wenn ein Wort zwar irgendwie passt, aber nicht ganz stimmig ist, formuliere es um, bis es für Dich genau richtig ist.

Im zweiten Schritt schreibst Du alle Werte, die Du für Dich gefunden hast, auf ein neues Blatt Papier. Jetzt markierst Du wieder alle Werte, die Dir von diesen am wichtigsten sind. Lass Dich dabei nicht von Deinem Verstand leiten (“Was sollte ich aussuchen?”), sondern gehe nach Deinem Gefühl! Folgende Fragen helfen Dir dabei:

  • Welches Wort lässt Dich lächeln?
  • Wobei verspürst Du ein positiv-aufgeregtes Kribbeln im Bauch?
  • Welcher Begriff löst ein angenehmes Gefühl im Körper aus?
  • Was lässt Deine Augen leuchten?
  • Was würde Dir wirklich fehlen, wenn es in Deinem Leben nicht (mehr) vorkäme?
  • Wofür engagierst Du Dich vielleicht jetzt schon?
  • Welche Dinge würdest Du sofort in die Welt zaubern, wenn Du es könntest?
  • Was bringt Dein Herz zum Singen?

Vielleicht gibt es auch bestimmte Eigenschaften, die Deine Mitmenschen Dir zuschreiben und immer mal wieder nennen. Falls Dir keine einfallen, frage einfach nach. Abgesehen davon, dass es unheimlich gut tut, mal in eine Woge der Wertschätzung einzutauchen, können diese Rückmeldungen auch gute Anhaltspunkte dafür liefern, welche Werte Du (vielleicht unbewusst) schon lebst.

Die so gefundenen Werte schreibst Du wieder auf ein neues Blatt und gehst sie noch einmal unter diesen Gesichtspunkten durch. Und so verfeinerst Du Deine Liste immer weiter, bis nur noch drei bis acht Werte übrig bleiben. Diese kannst Du noch einmal genauer erläutern. Du schreibst dabei auf, was genau der Wert für Dich bedeutet, warum er dir so wichtig ist und wie Du diesen Wert leben möchtest oder jetzt schon lebst. Das soll kein Roman werden, drei Sätze je Wert reichen vollkommen aus.

 

Mach Deine Werte für Dich sichtbar!

Eine gute Möglichkeit, Deine Werte für Dich sichtbar zu machen, ist eine Collage. Vielleicht kennst Du das noch aus Deiner Schulzeit. Zuerst geht es ans Sammeln: Schnapp Dir ein paar Zeitschriften (ich sammle dafür z.B. immer die kostenlosen aus dem Bioladen o.ä.) und schneide oder reiße Dir alle Bilder, Wörter, Darstellungen, Aussagen aus, die zu Deinen gefundenen Werten passen. Du kannst auch eigene Fotos und kleine Gegenstände, die diese Werte symbolisieren, verwenden. Das kann z.B. ein kleiner Schlüssel, ein Wollfaden, eine gepresste Blume oder ein Legostein sein – Deiner Fantasie sind keine Grenzen gesetzt und es gibt hier kein Richtig oder Falsch.

Dann nimmst Du ein großes Blatt Papier (mindestens DIN A3), Tonkarton oder Pappe. Ganz nach Wunsch kannst Du es vorher anmalen, vielleicht alles in einer Farbe, vielleicht teilst Du es in mehrere Bereiche auf und gibst jedem Wert eine eigene Farbe. Zum Schluss arrangierst Du alle Fundstücke auf der Unterlage, wie es für Dich sinnvoll und schön ist und klebst sie auf. Du kannst natürlich auch eigene Zeichnungen einfügen oder Worte dazuschreiben. Lass Deiner Fantasie und Kreativität freien Lauf. Die fertige Collage hängst Du nun an einem Ort auf, den Du für passend hältst. Du kannst sie auch abfotografieren und so jederzeit bei Dir haben.

 

Ich kenne meine Werte – und wie geht es jetzt weiter?

Wenn Du Deine Werte definiert hast, wirst Du bemerken, dass sie sich wie ein roter Faden durch Dein Leben ziehen. Wie Du Dinge beurteilst, welche Wahl Du triffst, wo und wie Du handelst – alles hängt von Deinen Werten ab. Die sind natürlich nicht in Stein gemeißelt. Je nach Lebensphase können sie sich verschieben, und Du nimmst wahrscheinlich ab und zu “Feinjustierungen” vor. Es ist sinnvoll, wenn Du Dich in regelmäßigen Abständen (der Jahreswechsel oder der eigene Geburtstag ist bei vielen Menschen ein beliebter Anlass dafür) mit Deinen Werten beschäftigst.

Das ist eine gute Gelegenheit, festzustellen, wo Du Dich gerade im Leben befindest. Du kannst überprüfen, ob Du damit zufrieden bist oder vielleicht etwas verändern möchtest. Sich dies ab un dzu bewusst zu machen, kann helfen, mögliche Krisen oder Probleme frühzeitig zu erkennen. So kannst Du rechtzeitig die Veränderungen vornehmen, die nötig sind, um “die Sache” nicht erst riesengroß werden zu lassen.

Aber beachte immer: Deine Werte sind ein Leitfaden und keine starre Barriere! Jeder Mensch hat seine eigenen Werte, und im Zusammenleben wird es immer wieder zu Wertekonflikten oder Widersprüchen kommen. Dann ist es wichtig, Grenzen zu setzen, diese aber auch verschieben zu können, um gute Kompromisse zu schließen. Ich bin sicher, Du besitzt die nötige Flexibilität.

In meinem eigenen Leben merke ich immer stärker, wie wichtig es mir ist, meine Werte in mein Handeln bewusst einzubeziehen. Meine höchsten Werte sind Freiheit, Freude und Liebe. Zusammengenommen ergeben sie für mich Frieden. Das klingt vielleicht zunächst nach “Friede, Freude, Eierkuchen”. Doch für diese Werte einzustehen, kann recht herausfordernd sein. Nach meiner Definition bedeuten meine Werte auch, dass ich Eigenverantwortung übernehme, mich klar ausdrücke und manchmal gegen den Strom schwimme. Dabei entstehen nicht nur positive Gefühle…

Dennoch ermutige ich Dich noch einmal, Dich mit Deinen Werten auseinanderzusetzen. Die Klarheit und die Freude, die entstehen, wenn Du für Deine Werte eintrittst, sind unbezahlbar. Außerdem braucht unsere Welt dringend Menschen, die sich ihrer wahren Werte bewusst sind und diese vertreten. Wann fängst Du damit an? Ich wünsche Dir eine wert-volle Zukunft.